Philipp Friedrich Liebig - Ein Nachruf

 (Lesezeit: ca. 3,5 Minuten)


Das Jahr 2020 hat uns alle in vielerlei Art und Weise beschäftigt und getroffen. Am 25. Dezember ist dann, nach nur wenigen Wochen im Kampf gegen den kürzlich diagnostizierten Krebs mein Großvater, die 3. Generation der Familienbäckerei, Philipp Friedrich Liebig friedlich eingeschlafen.

Philipp Friedrich Liebig - 3. Genration der Bäckerei Ihr guter Liebig

Ein kleiner Nachruf auf Facebook

Sicherlich haben viele von euch schon den kurzen Nachruf, welchen ich als Diashow gestaltet hatte, bei Facebook gesehen, ansonsten hier noch einmal die Möglichkeit.

Gerne möchte ich euch etwas mehr über meinen Großvater erzählen:

Geboren wurde Philipp Friedrich Liebig am Montag den 14. Mai 1934 in Pfungstadt, das damals noch deutlich kleiner war (unter 8.000 Einwohner - inzwischen sind es über 25.000 Einwohner). Seine Eltern, Philipp und Margarete, haben die Familienbäckerei 1939 in zweiter Generation übernommen, so dass schon Philipp mehr oder weniger in der Backstube aufgewachsen ist. Es war also nicht verwunderlich, dass er im Alter von 14 Jahren schon seine Bäckerlehre begonnen und am 31. März 1951 abgeschlossen hat. Auch mit 17 Jahren war sein Wissensdurst nicht gestillt, weshalb er direkt seine Konditorlehre hinten angehängt hat, welche er am 2. Juni 1953 abgeschlossen hat.

Bäcker - Gesellenbrief Philipp Friedrich LiebigKonditor - Gesellenbrief Philipp Friedrich Liebig






Konditor Philipp Friedrich Liebig beim gießen von Schokoladenosterhasen

Die Konditorei war immer schon seine größere Leidenschaft, er liebte den kreativen Teil seiner Arbeit und hat auch privat sehr gerne gezeichnet und musiziert.

Eine weitere große Leidenschaft war die Weitergabe von Wissen, weshalb er sich nicht nur im Betrieb engagiert hat, sondern 1957 auch seinen Meisterbrief im Deutschen Bäckerhandwerk gemacht hat, um auch ausbilden zu dürfen.

Auch in den frühen Bäckerinnungen und Verbänden hat er sich mit viel Herzblut engagiert und war gefühlt - so sagt man - gelegentlich mehr in diesen Aufgaben unterwegs, als in der heimischen Backstube. Aufgrund des fleißigen Engagements wurde er in den Innungen und Verbänden sehr geschätzt. 1958 heiratete er dann seine geliebte Frau Elli, welche ihm 1960 die gemeinsame Tochter Gabriele und im Jahr 1964 den gemeinsamen Sohn Kurt schenkte. Im Jahr 1967 übernahm der 33-Jährige den Familienbetrieb in 3. Generation von seinem Vater - und er hatte schon große Pläne.

Das Eckhaus der Bäckerei Liebig in Pfungstadt wurde mit dem Nachbarhaus verbunden um ein schönes Café darin unterzubringen

Das Eckhaus wurde langsam etwas zu klein, weshalb man das daneben stehende Haus erwarb und ein Café, welches durch beide Häuser verlief baute, das 1968 eröffnet wurde und sich großer Beliebtheit erfreute.Im Jahr 1978 wurden dann in einem großen Umbau beide Häuser mit einander verbunden.

Das Café Liebig in der Lindenstraße 50, 64319 Pfungstadt in seiner Anfangszeit.

Das "Café Liebig", in selbiger Größe wie noch heute, war geboren.

Zeitungsartikel aus dem Jahre der Eröffnung des Zentrum an Rathaus, 1986

1986, im Zuge des Baus des "Zentrum am Rathaus" in der Borngasse in Pfungstadt, wuchs die Bäckerei Liebig um die erste Filiale, und 1994 um die zweite Filiale in Riedstadt-Crumstadt.

In seinen 30 Jahren Geschäftsführung hat er allen Bereichen der Bäckerei verholfen zu wachsen und zu gedeihen, sie um ein schönes Café und zwei Filialen erweitert und das inzwischen zur Familientradition gewordene Bäckerhandwerk in Pfungstadt damit gestärkt.

1997 übergaben Philipp Friedrich und seine Frau Elli dann den Familienbetrieb an seinen Sohn Kurt und dessen Frau Sylvia Liebig, welche die 4. Generation bilden und die Bäckerei noch heute führen. Auch wenn er offiziell nicht mehr der "Chef" war, war er als Seniorchef weiterhin tief in der Backstube verwurzelt und hat so lange es gesundheitlich noch ging mitgeholfen. Seine letzte Aufgabe war das "Kreppelbacken".

Sein Interesse am Wohlergehen der Bäckerei, den Kund/Innen, der neu hinzugekommenen Fachgeschäfte und den Backwaren blieben bis zu seinen letzten Stunden am 25. Dezember 2020, an welchem er nach einem kurzen Kampf gegen den Krebs friedlich einschlief, ungebrochen. Er wollte ALLES wissen und verkosten und stand der Familie immer mit Rat und Tat zur Seite. Nicht nur wegen dieser unbändigen Neugier und Kreativität wird er für immer unvergessen bleiben.

Ich selbst behalte vor allem seinen unheimlich großen Erfahrungsschatz im Gedächtnis, aus welchem er niemals müde wurde zu erzählen. Aus seinen Jahren in Gesellen- und Meisterprüfungskommissionen, als junger "Bursche" unter der "Fuchtel" meines Urgroßvaters, von seinen Reisen mit meiner Großmutter. Weder Themen, noch Geschichten gingen ihm aus, und er hat sich soweit ich mich erinnern kann nicht ein einziges Mal wiederholt. Er war sichtlich stolz auf das, was meine Eltern aus der von Ihm anvertrauten Bäckerei inzwischen gemacht haben, auf meinen Eintritt in selbige und darauf, dass auch ich meinen Bäckermeister gemacht habe. Wenn er mir eines mitgegeben hat, dann ist es die Leidenschaft, den Menschen dieses tolle Handwerk zu vermitteln und was man aus so einfachen Zutaten wie Mehl, Wasser, Salz und Hefe alles backen kann. Mein Vater (Kurt Liebig) hat mir erzählt, das mein Großvater Lehrer werden wollte, bevor er - wie es damals üblich war - den Familienbetrieb übernommen hat. Ich glaube, das war er auch, auf seine ganz eigene Art und Weise.

Philipp Friedrich Liebig: 14. Mai 1934 - 25. Dezember 2020, Ruhe in Frieden.

Kommentare